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Fernweidewirtschaft verstehen und kennenlernen

Die alteingesessene Tradition der Fernweidewirtschaft ist wesentlicher Bestandteil des Kulturerbes der Provence. Mehrere Hirten lassen gegenwärtig diese Lebensweise und Weidewirtschaftsform auf den Weiden des Südens fortbestehen. Erfahren Sie die Geschichte der Fernweidewirtschaft im Süden, treffen Sie die Menschen, die sie verkörpern und begeben Sie sich auf die Spuren der Schäfer und ihrer Herden!

Was ist Fernweidewirtschaft?

Fernweidewirtschaft umfasst alle Weidewirtschaftsformen, bei denen die Naturräume als extensive Weiden für die Herden genutzt werden. Die Hirten und ihre Tiere ziehen dabei je nach Jahreszeit und Verfügbarkeit der Naturressourcen wie Wasser und Vegetation durch die Region. Dies wird als Transhumanz bezeichnet, eine Wirtschaftsform, die offiziell als Immaterielles Kulturerbe der UNESCO anerkannt wurde. In Südostfrankreich gehört Fernweidewirtschaft zu den ältesten Traditionen. Seit Jahrhunderten führen Hirten ihre Herden – hauptsächlich Schafe, aber auch Kühe und Ziegen – entlang der Mittelmeerküste oder auf den Hochgebirgsalmen der Seealpen durch Strauchheidelandschaft, Macchia, Heide, Waldmassive und über weite Hochebenen. Auch heute noch wird Fernweidewirtschaft von zahlreichen Hirten als Hüter ihrer Bodenständigkeit und Akteure ihrer Modernisierung betrieben. Die Ausstattung und Gestaltung der Weiden und auch die Unterkünfte der Hirten werden laufend verbessert, damit diese Tradition fortbestehen kann.

Umweltfreundliche Tierhaltung

Fernweidewirtschaft ist nicht nur tiergerecht, sondern spielt auch eine zentrale Rolle für die Erhaltung der Artenvielfalt. Durch Begrenzung der Ausbreitung invasiver Pflanzenarten bewahrt sie eine für die Tier- und Pflanzenwelt unentbehrliche offene Landschaft. Ganz nebenbei trägt sie zur Verringerung der Verbuschung und damit des Risikos und des Ausmaßes von Pflanzenbränden bei. Durch Wanderweidewirtschaft sind die Herden an der Verbreitung von Samen und damit an der Diversifizierung der Landschaften und der Artenvielfalt beteiligt. Diese Mobilität verhindert ebenfalls Überweidung und fördert die natürliche Regenerierung der Weiden. Selbst die Ausscheidungen der Tiere spielen eine Rolle für die Erhaltung der Weiden, da sie zur Düngung des Bodens beitragen und das Wachstum neuer Triebe begünstigen. Fernweidewirtschaft passt sich definitionsgemäß der Natur und ihrer Umgebung an und bewirkt auf diese Weise einen positiven Kreislauf zwischen Tieren und Weideflächen!

Tiere der Fernweidewirtschaft: Bürgen für herzhafte Produkte aus dem Süden

Die meisten Herden, die bei ihren Weidewanderungen durch die Naturräume des Südens ziehen, bestehen aus Schafen. Die drei heimischen Rassen, denen Sie bei Ihren Ausflügen begegnen werden, sind Mourerous, Préalpes oder Merinoschafe aus Arles. Sie sind die einzigen, die für das Sisteron-Lamb (g.g.A.) mit dem Label Rouge verwendet werden dürfen. Ziegen sind zwar etwas seltener anzutreffen, doch auch sie sind Stammgäste der Fernweidewirtschaft. Die Milch der beiden heimischen Rassen Rove und Commune Provençale wird zu leckerem, typisch provenzalischem Käse verarbeitet, wie dem in seine charakteristische Hülle aus Kastanienblättern eingewickelten Banon g.U. Bei den Rindern ist der Stier aus der Camargue ebenfalls eine einheimische ländliche Rasse, die auf traditionelle extensive Weise gehalten wird. Das einzigartige Fleisch dieser halbwild lebenden Stiere erhielt 2001 die geschützte Ursprungsbezeichnung.

Auf Tuchfühlung mit der Fernweidewirtschaft der Gegenwart

Auch wenn Hirten größtenteils zurückgezogen tätig sind, gibt es verschiedene Möglichkeiten, um ihnen zu begegnen und ihre Tätigkeit kennenzulernen. Von April bis Oktober finden in mehreren Städten und Dörfern des Südens Transhumanzfeste statt. Sie bieten Gelegenheit, an diese Tradition anzuknüpfen, den Zug der Herden durch die Dörfer mitzuerleben und die einheimischen Hirten zu treffen. Wenn Sie in Salon-de-Provence vorbeikommen, können Sie auch das Maison de la Transhumance besuchen, in dem insbesondere didaktische Ausstellungen rund um Fernweidewirtschaft zu sehen sind. Jeden Sommer werden auch in den Alpes-de-Haute-ProvenceTage auf der Alm organisiert, um in die Fernweidewirtschaft einzutauchen und ihre Funktionsweise und den Hirtenberuf besser zu verstehen. Aufregend! Abgesehen von diesen Events können Sie auch einigen Tierzüchtern einen Besuch abstatten, ihre Höfe besichtigen und bewegende Augenblicke mit ihnen teilen. So freuen sich zum Beispiel das Maison des Bêtes in Laine, die Chèvrerie de Fontaines und die Pastorale du Regagnas darauf, Sie zu empfangen, Ihnen ihre Höfe zu zeigen und ihre Arbeit und die Fernweidewirtschaft genauer zu erläutern. Denken Sie daran, Ihren Besuch anzukündigen!

Auf den Spuren der Fernweidewirtschaft wandern

Für Wanderfreudige gibt es mehrere Routen, um sich auf die Spuren der althergebrachten Tradition der Fernweidewirtschaft zu begeben. Die einfachste ist der Sentier de la Pastorale gleich neben Salon-de-Provence im Tallagard-Massiv. Bei dieser Wanderung entdecken Sie die Überreste des Hirten- und Bauernlebens von früher. Der Weg führt Sie insbesondere an der Ferme de la Pastorale und an mehreren kleinen Steinhäusern, den sogenannten „Bories“, vorbei, die den Hirten als Unterstand dienten. Eine etwas längere, aber wirklich aufregende Route ist die Amountagna, eine Hirtenwanderung im Haut Verdon. Sie ist mit Erläuterungstafeln versehen und führt auf einem ehemaligen Wanderweideweg durch den Wald und zu renovierten Hirtenhütten. Der grenzüberschreitende Fernwanderweg GR 69 „La Routo“ schließlich verbindet die Crau-Ebene bei Arles mit dem Stura-Tal in Italien und bringt alle mit der Wanderweidewirtschaft und der Viehzucht in Verbindung stehenden Tätigkeiten zur Geltung. Seine in 33 Etappen unterteilten 540 Kilometer sind eine echte Reise durch die Zeit und durch die Tradition der Fernweidewirtschaft inmitten verblüffender Naturlandschaften. Machen wir uns auf den Weg?

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