Blick auf den Strand der Calanque de MarseilleveyreBlick auf den Strand der Calanque de Marseilleveyre im Departement Bouches-du-Rhône.
©Blick auf den Strand der Calanque de Marseilleveyre|A.Celindano

6 geheimnisumwitterte Orte des Südens

Mögen Sie Legenden und geheimnisvolle Geschichten? Das trifft sich gut, denn im Süden finden wir zahlreiche Orte mit rätselhafter Vergangenheit, deren Name bisweilen von ihren bizarren Ereignissen entlehnt ist. Lassen Sie Ihr logisches Denken beiseite und treten Sie in die verwunderlichen Welten des Südens an den Grenzen zur Wirklichkeit ein.

Die Brautbrücke (Pont de la Mariée)

Am 30. Juli 1927 trübte ein junges Paar die übliche Ruhe des reizenden Dörfleins Guillaumes im Departement Alpes-Maritimes. Die beiden frisch Vermählten verbrachten dort ihre Hochzeitsreise und fielen den Einheimischen sogleich auf: sie fuhren ein Luxusauto und ließen üppige Trinkgelder, die die Aufmerksamkeit aller Dorfbewohner erregten. Am Abend teilten sie dem Hotel mit, dass sie die Daluis-Schlucht besichtigen wollten. Sie hielten auf der Brücke über dem Var und dort wandte sich das Schicksal: die junge Frau beugte sich vor und stürzte von der Brücke! Panisch fuhr der Bräutigam nach Guillaumes zurück, um Hilfe zu holen. Die noch in der Nacht aufgenommene Suche blieb erfolglos, doch am nächsten Morgen wurde die Leiche der Braut 80 Meter weiter unten gefunden. Nach der Befragung des jungen Mannes wurde auf einen Unfall geschlossen. Doch warum hatte sich die Braut ausgerechnet an der einzigen Stelle der Brücke vorgebeugt, an der es kein Geländer gab? Im Dorf nahmen die Gerüchte ihren Lauf und ließen Zweifel an der Unschuld des Bräutigams aufkeimen. Zur Erinnerung an diese Geschichte heißt die Brücke heute „Pont de la Mariée“. Sie können sie zu Fuß besichtigen und auch einen Sprung riskieren – aber einen Bungee-Sprung natürlich!

Die Wiese von Madame Carle

Die „Pré de Madame Carle“ inmitten des Écrins-Massivs ist ein weiterer Ort, der mit dem tragischen Ende einer Liebesgeschichte in Verbindung steht, der Geschichte von Herrn Carle, dem häufig von zu Hause abwesenden Präsidenten des Grenobler Parlaments, der die Seitensprünge seiner Gattin entdeckte und beschloss, sich zu rächen. Wie? Er gab ihrem Esel mehrere Tage lang nichts zu fressen und zu trinken. Dann setzte er seine Gattin auf den Esel und schickte sie auf einen Ausritt zu ihren Wiesen am Ende des Vallouise-Tals, wo der Gebirgsbach Saint-Pierre floss. Der durstige Esel ging durch, rannte zum Bach, um zu trinken und warf Madame Carle dabei aus dem Sattel. Sie stürzte in die Strudel des reißenden Bachs und ertrank! Wie es scheint, trägt die Wiese ihren Namen einfach deswegen, weil Madame Carle dieses Grundstück geerbt hatte, doch die Legende ist bisweilen stärker als die Wahrheit … Wenn Sie sich auf die Spuren von Madame Carle begeben und zum Beispiel zur Hütte des Glacier Blanc wandern möchten, dann nehmen Sie jedenfalls genug Wasser mit!

Das Geisterhaus des Pré Fantasti

In Caromb im Süden des Mont Ventoux steht ein Gutshaus, in dem es angeblich spukt. Dieser Verdacht geht auf die Geschichte zweier als Alchimisten wirkenden Brüder zurück, die von ihrem Onkel Papst Urban VIII. in dieses kleine Dorf in Vaucluse geschickt wurden, um sie vor dem Scheiterhaufen zu bewahren, da Alchimie damals als Hexerei galt. Der Legende nach hatten die beiden Brüder in ihrem im Gutshaus eingerichteten Labor das Lebenselixir entwickelt und waren über die Aufteilung der Einnahmen in Streit geraten. Der eine spritzte seinem Bruder Schwefelsäure ins Gesicht, woraufhin dieser unter schrecklichen Qualen starb. Der Geist des Toten plagte fortan seinen Bruder, bis dieser den Verstand verlor, und schwebt auch heute noch über dem alten Gemäuer. Der rätselhafte Tod des Dichters und Hauseigentümers Marius Jouve Anfang des 20. Jahrhunderts verstärkte die geheimnisvolle Aura des Ortes noch weiter. Der Name „Pré Fantasti“ ist im Übrigen vom Provenzalischen „espirit fantasti“, fantastischer Geist, abgeleitet. Wenn diese Legende Sie neugierig gemacht hat, erwartet Sie ein schöner historischer Spaziergang auf dem Entdeckerpfad des Pré Fantasti!

Der Felsen der zwei Brüder (Rochers des Deux Frères)

Zwei Felsen, zwei Brüder, zwei tragische Legenden. Die erste erzählt von einem Ritter und einem Piraten, die sich im Zweikampf gegenseitig töteten und im Sterben erkannten, dass sie in Wirklichkeit Brüder waren und der eine von ihnen als Kind von Piraten entführt worden war. In inniger Umarmung sanken sie zusammen zu Boden und wurden in zwei zuckerhutförmige Felsen verwandelt, die seitdem an der Spitze des Kaps Sicié aus dem Meer ragen. Die zweite Legende, die sich um diese Felsen rankt, ist die Geschichte zweier Brüder, die einer verletzten Meerjungfrau am Strand zu Hilfe kamen. Unter ihrem Zauber verliebten sich die beiden Hirten und töteten sich im Eifersuchtswahn schließlich gegenseitig. Zum Gedenken an diese Leidenschaft und um sie zu ehren, bat die Meerjungfrau den Gott des Meeres Poseidon, die Brüder im Tod zu vereinen. Er verwandelte sie in zwei Felsen, die wir seitdem vom Strand Les Sablettes in Seyne-sur-Mer aus sehen können. In der Nähe der Felsen können wir auch tauchen und die an dieser Stelle wunderschöne Tier- und Pflanzenwelt unter Wasser erkunden.

Die „Templerburg“ in Gréoux-les-Bains

Diese im 12. Jahrhundert errichtete mittelalterliche Festung befindet sich auf dem Gipfel des Felsvorsprungs des kleinen Dorfs Gréoux-les-Bains und beherrscht mit ihrer geheimnisumwitterten Aura die Umgebung. Der Legende nach wurde sie vom Templerorden erbaut, der für seine Beteiligung an den Kreuzzügen, aber vor allem für seinen verborgenen Schatz, seine Verbindungen zur Hexerei und sein angebliches Überleben im Untergrund bekannt ist. Als fruchtbarer Ort für Spukgeschichten ist die Burg angeblich Schauplatz verschiedener paranormaler Phänomene wie unerklärlicher Geräusche, ektoplasmischer Erscheinungen und anderer geheimnisvoller Ereignisse, die seit den 1970er Jahren in Gréoux-les-Bains verzeichnet wurden. Liebhabern schauerlicher Geheimnisse bietet die Tourist Information Gréoux-les-Bains Führungen auf den Spuren der Tempelritter an. Im Wächtersaal der denkmalgeschützten Burg finden außerdem regelmäßig Ausstellungen statt.

Die Dechaux-Grotte in den Calanques

Im Nationalpark Calanques im Marseilleveyre-Massiv befinden sich ein Dutzend rätselhafte Ritzzeichnungen, die alle mit dem Namen ihres Urhebers versehen sind: Xavier Dechaux. Nachdem er seine Frau und seine 7 Kinder verloren hatte, zog er zunächst nach Sisteron und kehrte dann 1865 nach Marseille zurück: 4 Jahre lang irrte er traurig in den Calanques umher, besonders im Marseilleveyre-Massiv, wo er durch seine Ritzzeichnungen im Felsen seine Spuren hinterließ. Zu den Ritzzeichnungen gehören insbesondere ein Liebesgedicht für Marseille sowie eine Marmorplatte, auf der nicht nur sein Geburtsdatum, sondern auch sein Todestag eingraviert ist! Weitere seltsame, aus Initialen bestehende Inschriften auf dieser Platte sind bis heute nicht entschlüsselt. Wie auf dieser Platte angekündigt, nahm er sich 1868 in einer Grotte das Leben, die heute nach ihm benannt ist, ebenso wie das „Tal des toten Mannes“ (Vallon de l’Homme Mort), dessen Bezeichnung auf diese rätselhafte, tragische Geschichte anzuspielen scheint. Die Pfade des Marseilleveyre-Massivs führen Sie auf den Spuren von Xavier Dechaux. Xaviers Ritzzeichnungen sehen Sie in der Nähe der Fontaine de Voire, der Grotte de l’Ours und des Col de Sormiou!

Schließen