Nahaufnahme von Santons auf einem Santonsmarkt in der ProvenceDie Santons, eine provenzalische Tradition
©Die Santons, eine provenzalische Tradition|Chillio.C

Die unumgänglichen Krippenfiguren der Provence

Denken Sie womöglich, dass Krippenfiguren altbacken und öde sind und höchstens für Omas verstaubte Krippe taugen? Da irren Sie sich! Die schelmischen, vor Witz sprühenden und zuweilen entschieden modernen „Santons“ aus der Provence feiern ihr großes Comeback. Hier ist unsere (zwangsläufig subjektive!) Auswahl.

 

1 – Die Feinschmecker

Die Käsehändlerin, der Pizzabäcker, Pistachié (und die Zuckerwatteverkäuferin!)

Die Krippenfiguren der Provence sind gutherzige Genussmenschen und erfreuen uns mit den Spezialitäten des Südens. Da wäre zum Beispiel die Käsehändlerin (bei den Krippenfigurenkünstlern Volpes, Fouque und Carbonel), die in ihrem Korb den köstlichen Frischkäse aus Le Rove auf den Markt trägt. Aber auch der Pizzabäcker (bei Denizou), denn wie Sie wissen, kam die Pizza über Marseille nach Frankreich! Neben den traditionellen Figuren des Bäckers, der Gemüsegärtnerin und der Knoblauchträgerin, würdigen Botschaftern des Geschmacks aus dem Süden, ist auch Knecht Pistachié (auch Bartoumieu genannt) zu erwähnen. Der Tradition nach bringt er dem Jesuskind zwei überquellende Körbe mit Kabeljau, Wurst, Fladenbrot und Weihnachtsgebäck. Nun, um ehrlich zu sein, die Zuckerwatteverkäuferin (bei Denizou) ist nicht gerade typisch für die Provence, doch wir lieben sie trotzdem!

2 – Der Wahrsager

Nostradamus

Mit seinem Zauberkittel, seinem weißen Bart und seinem Prophezeiungsbuch unter dem Arm schindet er Eindruck! Nostradamus (bei Fouque, Arterra) wurde Anfang des 16. Jahrhunderts in Saint-Rémy-de-Provence geboren und starb – nachdem er viel durch die Weltgeschichte gereist war – nur wenige Kilometer davon entfernt in Salon-de-Provence, daher nimmt er natürlich einen gebührenden Platz unter den Krippenfiguren der Provence ein. Er war nicht nur Apotheker und Astrologe, sondern auch Erfinder der kandierten Früchte, die er in seinem Traité des fardements et confitures beschrieb. So manche behaupten, dass seine Vorhersagen eingetroffen seien. Vielleicht hilft Ihnen also eine Nostradamus-Krippenfigur, Ihre Weihnachtsgeschenke vor dem 24. Dezember zu erraten? Nun, das ist zwar eher unwahrscheinlich, doch zumindest können Sie sich einer originellen Krippe rühmen!

3 – Der Liebling der Kinder

Der Weihnachtsmann

„Wo ist denn der Weihnachtsmann?“ Diese Frage werden Sie, liebe Eltern, bis zum 24. Dezember wohl mehrmals beantworten müssen. Sie können natürlich auf die klassischen Versionen zurückgreifen, wie „am Nordpol“, „er packt mit den Elfen die Geschenke ein“ oder „ich weiß nicht, ich kenne ihn nicht persönlich“. Oder aber mit einer etwas überraschenderen Antwort aufwarten, die dem Weihnachtszauber voll und ganz gerecht wird: „Der Weihnachtsmann? (Bei Escoffier, Fouque oder Gonzague) Schau doch, er steht in der Krippe neben dem Esel, dem Ochsen und dem Hirten. Er hat uns dieses Figürchen geschickt, um uns zu sagen, dass er jeden Tag an dich denkt.“

4 – Der Peinliche

Lou Cagaïre

Auf Provenzalisch ist das jemand, der seine Notdurft verrichtet. Der in einer nicht gerade schmeichelhaften Stellung wiedergegebene Lou Cagaïre (Le Moulin à Huile, Santons Richard oder Santons Gilli) ist „der katalanischen Krippe entlehnt“, wie uns Krippenfigurenkünstler Gilli erläutert. Und er fügt hinzu: „Man muss ihn ein wenig versteckt platzieren, aber nicht zu sehr. Hinter einem Baum, einem Mäuerchen, einer Hütte, eben so, dass man ihn noch erahnen kann.“ Zugegeben, an dieser Krippenfigur scheiden sich die Geister. Manche finden ihn urkomisch, andere wiederum sehen ihn als eher unschicklich an oder verachten ihn sogar und schauen demonstrativ weg. Wie dem auch sei – Lou Cagaïre sorgt am heiligen Abend sicherlich für eine hitzige Debatte. Für oder gegen den Santon, der sein Geschäft verrichtet? Das ist doch ein schönes Thema!

5 – Die Umstrittenen

Didier Raoult und die Krippennarren

Auf der Liste der umstrittenen Krippenfiguren steht natürlich der Marseiller Mediziner Didier Raoult (bei Di Landro), der Hydroxychloroquin gegen das Corona-Virus empfahl und dafür zwei Jahre Berufsverbot erhielt. Außerdem finden wir die sogenannten „Krippennarren“. Die bei allen Krippenfigurenkünstlern erhältlichen, bisweilen etwas übertrieben begeisterten Figuren werden mit ausgebreiteten Armen dargestellt und übernehmen die Rolle des Dorftrottels. Manche lieben sie, weil sie so positiv sind. Andere hassen sie und würden die Krippennarren lieber durch Krippenmuffel ersetzen. Solche werden jedoch bislang nicht hergestellt.

(Nicht vollständige) Liste der Krippenfiguren aus der Provence:

  • Krippenfiguren der Weihnachtsgeschichte: Maria, Josef, der Esel, der Ochse, das Jesuskind, die Heiligen Drei Könige.
  • Figuren des Landlebens: der Engel Boufaréou (oder Boufaréu), der Blinde und sein Sohn, Zigeuner (Boumian und Boumiane), der Knecht (Lou Pistachié oder Bartoumieu), der Narr (Lou Ravi), der Hirte (Lou Pastre), der Trommler (Lou Tambourin), die Arlesierin …
  • Handwerkerfiguren: der Fischer (Lou Pescadou), die Fischverkäuferin (Lou Peissouniero), der Bäcker (Lou Boulangié) …
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