Ein weißes Thermometer vor dem Meer und dem HorizontEin Thermometer vor dem Meer
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5 Unterschiede zwischen Nord- und Südfrankreich

Auch wenn Frankreich nicht ganz so riesig ist, sind die Unterschiede zwischen Lille und Nizza durchaus beträchtlich. Unterschiedliche Wahrnehmungen, die die ewige Debatte schüren. Sehen wir uns 5 Beispiele an!

Die Grenze zwischen Nord und Süd

Zunächst ein Streitpunkt, der uns vermutlich mehr entzweit als die Frage, ob unser Schokocroissant nun „Pain au chocolat“ oder „Chocolatine“ heißt: wo beginnt eigentlich Südfrankreich? Und somit: wo endet der Norden? Das hängt schon mal davon ab, wo wir uns befinden und wie gut wir Temperaturen unter 15 °C wegstecken. Wenn wir einen Bewohner aus Lille fragen, wird er nicht lang zögern: sobald wir an Paris vorbei sind, beginnt der Süden. Nun gut, sagen wir Orléans, um etwas toleranter zu sein. Jemand aus Dijon hingegen wird Ihnen etwas differenzierter erläutern, dass Südfrankreich knapp unterhalb von Lyon beginnt. Doch aufgepasst, die Marseiller sind mit dieser Betrachtungsweise überhaupt nicht einverstanden: für sie liegt der Norden nördlich von Montélimar. Manche Puristen schieben die Pastis-Grenze sogar bis an den Norden von Avignon. Letztendlich ist die Nord-Süd-Grenze also unscharf und subjektiv und sorgt für endlose Diskussionen. Vielleicht aber ist der echte Süden lediglich eine Frage der Stimmung und der (fast) ganzjährigen Sonnengarantie!

Wann das Wasser badetauglich ist

    Alles eine Frage der Gewohnheit und wie empfindlich unsere Zehen sind. Für Nordlichter ist eine Wassertemperatur unter 12 °C zwar ein bisschen frisch, aber machbar, und die verwegensten – und auch nervösesten – Gemüter würden das sogar als „belebend“ einstufen. Südländer hingegen ordnen alle Gewässer unter 20 °C der Antarktis zu. Letztlich müssen wir aber auch den Kontext bemühen: bei 18 °C in den Buchten von Cassis lässt es sich aushalten, wenn die Luft 25 °C warm ist und wir uns wie eine Eidechse auf einem Felsen in der Sonne trocknen können. Im Süden kommen alle auf ihre Kosten. An der Côte d’Azur und insbesondere in Nizza bleiben die Wassertemperaturen zumeist mild und schwanken innerhalb derselben Saison nur wenig, während wir in Marseille am Montag bei 25 °C und am Donnerstag bei 18 °C baden können, wenn dazwischen der kalte Mistral aus Nordwest geweht hat. Ansonsten gibt es für Frischefanatiker immer noch den Verdon. Die Temperaturen der türkisblauen Wasser des Lac de Sainte-Croix oder der Schluchten erreichen manchmal selbst mitten im Sommer höchstens 14 °C. Ob Sie also lediglich die Füße ins Wasser halten wollen oder gern beherzt ins kühle Nass springen: im Süden finden Sie garantiert den richtigen Badeort!

    Schönes Wetter heute!

    Wenn sich im Norden ein Sonnenstrahl zeigt, sind sich alle einig, dass es heute schön ist, und sogleich beginnt der Ansturm auf alle Terrassen, um ein Plätzchen in der Sonne zu ergattern und zu hoffen, dass nicht gleich wieder eine Wolke aufzieht und alles zunichte macht. Im Süden sieht die Sache etwas anders aus: es ist ganz einfach schönes Wetter. Und nicht nur fünf Minuten lang! Ein sonniger Tag? So wie gestern und sicherlich auch morgen. Eben eine weitere Gelegenheit, um eine Runde in Badelatschen zu drehen. So wie jeden Tag. Ja, aber wir können gar nicht genug davon bekommen! Der französische Wetterdienst bestätigt übrigens unsere Wahrnehmung: Marseille wurde 2024 mit 2950 Sonnenstunden zur sonnigsten Stadt Frankreichs gekürt. Das sind doppelt so viele Sonnenstunden wie in Paris, die gerade ihr sonnigstes Jahr des 21. Jahrhunderts erlebt hat. Wer bietet mehr?

    Die Zeitverschiebung

    In Nordfrankreich wird um 12 Uhr zu Mittag gegessen, da gibt es nichts zu rütteln. Im Süden hingegen findet das Mittagessen in den seltensten Fällen mittags statt. Es wird zwar genauso ernst genommen, beginnt jedoch nie zur vorgesehenen Zeit. Zunächst einmal, weil im Süden die Zeit gedehnt wird, damit Platz für Geselligkeit und gute Laune bleibt. Man erzählt sich Geschichten und nimmt sich die Zeit, ohne äußere Zwänge jeden Moment zu erleben. Langsam aber sicher geht es voran. Außerdem zieht sich der Aperitif, der eigentlich „nicht lang“ dauern sollte, meistens ausgiebig und weit über die geplante Essenszeit hin. Paradoxerweise liegt unser Zeitgefühl in der Regel völlig daneben. Wenn jemand zum Beispiel 5 Minuten lang einen Parkplatz gesucht hat, erzählt er uns, dass er stundenlang im Kreis fahren musste. Wenn wir einen Freund seit einem Monat nicht gesehen haben, haben wir das Gefühl, dass die letzte Begegnung eine „halbe Ewigkeit“ und bei zwei Monaten sogar „unendlich lang“ her ist! Und vielleicht haben Sie auch schon von der berüchtigten „Marseiller Viertelstunde“ gehört, dem subtilen Konzept, dass eine Viertelstunde Verspätung als ganz normal gilt und damit allgemein akzeptiert wird. Nun ja, solange Sie zum Aperitif pünktlich sind!

    Butter oder Olivenöl

    Ah, die große kulinarische Schlacht, die Frankreich entzweit: Butter gegen Olivenöl! Im Norden streichen, buttern, überziehen und fetten wir ein, was das Zeug hält, denn „mit Butter schmeckt alles noch besser“. Im Süden gießen, bespritzen, tränken und tröpfeln wir mit Olivenöl, ohne zu sparen. Wir finden unser Öl daher in den meisten lokalen Spezialitäten: die „Pompe à huile“, ein mit Olivenöl zubereiteter und mit Orangenblüten parfümierter Kuchen, Aioli, eine emulgierte Knoblauch-Olivenöl-Creme, die zu Fisch und gedämpftem Gemüse gereicht wird, das typische Sandwich „Pan bagnat“ aus Nizza, bei dem das mit Olivenöl getränkte Brot mit Thunfisch, Salat und harten Eiern belegt wird, aber auch Tapenade (Olivenpaste), Ratatouille, mariniertes Gemüse, „Fougasse“ und vieles mehr. Doch sowohl im Norden als auch im Süden wird mit der jeweiligen Substanz nicht geknausert, wie es scheint. Also was nun, Butter oder Olivenöl? Egal, Hauptsache, es glänzt, knuspert und schmeckt!